Seit April 2016 befasse ich mich sehr zeit- und arbeitsintensiv mit der Geltendmachung von Ansprüchen und Rechten bei

ABGASMANIPULIERTEN DIESELFAHRZEUGEN

Anlass hierzu hatte ich, weil mich der Skandal selbst getroffen hat.
Im Mai 2015 habe ich ein Neufahrzeug vom Typ Volkswagen Tiguan gekauft, bei dem ich nicht einmal ein halbes Jahr später aus der öffentlichen Berichterstattung erfahren habe, dass der darin verbaute Motor vom Typ EA189 auch vom Abgasskandal betroffen ist. In meiner Sache habe ich – nachdem weder mein Verkäufer-Vertragshändler noch Volkswagen meinen äußerst entgegenkommenden außergerichtlichen Vergleichsvorschlag annehmen wollten – selbst geklagt und erstinstanzlich gewonnen, LG Würzburg, Urteil vom 28.03.2017, Az. 72 O 1089/16. Über den erfolg-reichen Ausgang meines auf Schadensersatz gerichteten Verfahrens am Landgericht hat die Tagespresse in Würzburg berichtet (Main-Post vom 12.04.2017). Zu diesem Zeitpunkt gab es bundesweit gerade einmal ca. 50 obsiegende erstinstanzliche Entscheidungen.

Auf Basis meiner weiteren Recherchen ab Mai 2017 von weit über 200 Stunden, deren Ergebnisse ich anschließend in mein eigenes Berufungsverfahren eingebracht habe, habe ich mittlerweile keinen Zweifel mehr daran, dass es beim Kauf eines betroffenen Fahrzeugs Volkswagen (bzw. Skoda oder Seat) gegenüber rechtlich möglich ist, eine vollständige Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs durchzusetzen, ohne dass die bislang gefahrenen Kilometer als Nutzungs-entschädigung angerechnet werden müssen. Dabei ist es völlig unerheblich ob es sich um einen Neuwagen, oder um einen Gebrauchtwagen handelt. Es kommt nur darauf an, ob ein vom Abgasskandal betroffener Motor vom Typ EA189 verbaut ist. Ebenso ist es nach meinem Dafürhalten völlig unerheblich, ob das Fahrzeug an der von Volkswagen angebotenen technischen Maßnahme (Softwareupdate) teilgenommen hat oder nicht. Dies bestätigt sich für mich aktuell in einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 27.03.2018, Az. 18 U 134/17.

Meine erarbeiteten Erkenntnisse zeigen darüber hinaus ein katastrophales Bild vom Volkswagen-seitigen Umgang mit der „Abgasaffäre“ auf. Sie begründen zudem den Verdacht eines kompletten Staatsversagens.

Die im Zuge des Skandals von Volkswagen angebotenen „Software-Updates“ halte ich für eine nicht ausreichende Form der Nachbesserung. Denn die so überarbeiteten Fahrzeuge halten die Abgasgrenzwerte im realen Fahrbetrieb noch immer nicht ein. Das ist sowohl bei Volkswagen als auch in Regierungskreisen bekannt. Die von Volkswagen angebotene technische Maßnahme (Softwareupdate) begegnet nach meinem Dafürhalten damit erheblichen rechtlichen Bedenken, weil im Zuge der Rückrufaktion suggeriert wird, dass die Fahrzeuge nach dem durchgeführten Rückruf allen in der Union geltenden Rechtsvorschriften genügen würden. Das ergibt sich so jedenfalls aus der ausgestellten Bescheinigung über die Durchführung der Rückrufaktion. Das ist inhaltlich in dieser Form aber nicht wirklich zutreffend. Denn zum einen ist das Emissionsminderungssystem der Fahrzeuge nach dem Update noch immer nicht so ausgestaltet, dass es tatsächlich dazu geeignet ist,

„eine wirksame Emissionsreduzierung unter Bedingungen zu bewirken, die bei norma-lem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind“.

Zum anderen sind trotz der Durchführung des Rückrufs noch immer Abschalteinrichtungen vorhanden, die i.E. als EU-rechtlich unzulässige Abschalteinrichtungen zu qualifizieren sind, weil diese dazu führen, dass das Emissionsminderungssystem der umgerüsteten Fahrzeuge bei normalem Betrieb noch immer keine wirksame Emissionsreduzierung bewirkt. Um allen in der Union geltenden Rechtsvorschriften zu genügen, ist dies allerdings zu gewährleisten.

Daher lösen die „Updates“ auch nicht das Problem von drohenden Fahrverboten in den Städten, die spätestens ab September 2019 zu erwarten sind und zur wirtschaftlichen Wertlosigkeit der betroffenen Fahrzeuge führen werden. Das ergibt sich jedenfalls als Folge der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26.07.2017, Az. 13 K 5412/15. Die hiergegen gerichtete Sprungrevision des Landes Baden-Württemberg ist vom Bundesverwaltungsgericht bekanntlich zurückgewiesen worden (BVerwG 7 C 26.16 und 7 C 30.17, Urteile v. 27.02.2018; BVerwG PM Nr. 9/2018 v. 27.02.2018).

Um dafür zu sorgen, dass in den Innenstädten zukünftig die Stickoxid Grenzwerte eingehalten werden können, spricht sich ein im Auftrag der Regierung in Auftrag gegebenes Gutachten nun dafür aus, bei Dieselfahrzeugen „Hardware-Nachrüstungen“ vorzunehmen. Der „Spiegel“ berichtete hierüber in seiner Ausgabe Nr. 4 vom 20.01.2018. Das perfide daran: Die Kosten von gemutmaßten 1.300 – 3.300 € pro Auto sollen wohl die Autobesitzer – oder aber die Steu-erzahler tragen (so jedenfalls nach der Empfehlung einer „Expertenkommission“ des Verkehrsministeriums gem. Berichterstattung auf „tagesschau.de“ vom 16.02.2018). Insbesondere im Fall der Volkswagen-Fahrzeuge, die vom Abgasskandal betroffen sind, halte ich dies für recht-lich nicht haltbar.

Damit jedoch noch nicht genug: Wie am 21.01.2018 bekannt wurde, gipfelt die ganze Thematik nun auch noch darin, dass Audi weltweit bei 130.000 aktuellen Fahrzeugen der Euro 6 Einstufung mit Sechszylinder Dieselmotor eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut hat und dementsprechend handeln muss. In Deutschland sind wohl ca. 78.000 Fahrzeuge betroffen. Nicht nur das damit erneut eine scheinbare Inkompetenz des Kraftfahrtbundesamts zu Tage tritt, gehe ich auch in diesen Fällen davon aus, dass den geschädigten Kunden ein „Software-Update“ als ausreichende Form der Nachbesserung „verkauft wird“.

Nachdem die Regierung aber auch nach den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 noch immer weitestgehend untätig ist und vor dem Hintergrund der – nach ihrer eigenen Einschätzung – „gesamtwirtschaftlichen Relevanz“ des Abgasskandals nicht dafür sorgt, dass Volkswagen kostenfreie Hardware-Nachrüstungen anbieten muss, ist es nicht mehr weiter verwunderlich, dass die EU-Kommission nunmehr Deutschland wegen zu schlechter Luft vor dem europäischen Gerichtshof verklagt (Berichterstattung auf tagesschau.de vom 17.05.2018). Zu oft wurden Grenzwerte überschritten und zu wenig gegen die Hauptverursacher unternommen. Wer am Ende dafür die „Zeche zahlt“, dürfte auch bereits jetzt vorhersehbar sein. Sicherlich werden dies nicht die Hauptverursacher sein, sondern vielmehr die Allgemeinheit in Gestalt der Steuerzahler.

All denjenigen, die selbst ein vom „Abgasskandal“ betroffenes Fahrzeug haben, und deswegen noch nicht den Rechtsweg beschritten haben, kann ich daher nur dringend anraten und empfehlen, die Sache nicht klaglos hinzunehmen, sondern aktiv tätig zu werden. Das Kostenrisiko sollte Sie davon auch nicht abhalten.

Aktuell entwickeln sich die gerichtlichen Verfahren gegen Volkswagen nämlich offenkundig dahin, dass man etwaig kundenfreundliche Entscheidungen von Berufungsgerichten unbedingt vermeiden will. So ergibt sich aus den Pressemitteilungen verschiedenster Oberlandesgerichte immer wieder, dass dort beabsichtigte Verhandlungstermine aufgehoben werden. Bspw. nach der Pressemitteilung des OLG Hamm vom 25.04.2018 sind dort zum Stand 20.04.2018 bislang 323 Berufungsverfahren mit Bezügen zum „VW-Abgasskandal“ eingegangen. 59 Verfahren sind erledigt worden, ohne dass der zuständige Senat die Abgasproblematik materiellrechtlich zu beurteilen hatte.